Pressegespräch

Energiegenossenschaften: "Erbsenzählen macht schon Sinn"

  • Seit Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) im Juli 2021 können sich Haushalte und Unternehmen zu Erneuerbaren Energiegemeinschaften (EEG) zusammenschließen und über Grundstücksgrenzen hinweg Energie produzieren, speichern, verbrauchen und verkaufen. Der ÖGV und PowerSolution waren Pioniere der ersten Stunde. Zwei Jahre später zogen sie nun Bilanz. Praxiserfahrung zeigt: Genossenschaft meistens die beste Option „Die Genossenschaft ist als Wirtschaftsform moderner denn je. Sie ist ein Modell der Einbindung und Partizipation. Im Vorjahr hatte der ÖGV 26 Neugründungen, 17 davon waren Energiegenossenschaften“, so ÖGV-Verbandsanwalt Peter Haubner. „Die Genossenschaft ist unbürokratisch, günstig in der Gründung und bietet den Mitgliedern ein sehr hohes Maß an Sicherheit durch eine verpflichtende Revision.“ Haubner und Energieexperte Roland Kuras, Umsetzungspartner und selbst Gründungsmitglied mehrerer Energiegenossenschaften, berichteten in einem Pressegespräch über ihre Erfahrungen und die Hürden bei der Gründung von EEG. Mit den Volksbanken als Finanzierungspartner bieten sie alle Services aus einer Hand. Bisher wurden 25 Energiegemeinschaften mit der Unterstützung des ÖGV aufgebaut. Dynamisches Wachstum: „Im Prinzip wie ein Start-up“ Kuras beschreibt die Dynamik von Energiegenossenschaften: „Eine solche Gemeinschaft ist im Prinzip wie ein Start-up. Rasches Wachstum und der Einstieg neuer Mitglieder – seien es Haushalte oder Unternehmen – können mit der falschen Rechtsform zu Komplikationen oder Unsicherheiten führen. Die einfache Aufnahme von neuen Mitgliedern und Sicherheit sind wichtige Eigenschaften für Energiegemeinschaften. Bei unseren EEG, die wir alle als Genossenschaften gegründet haben, führen wir daher in den ersten Jahren jährlich eine Revision durch.“ Ein Best Practice-Beispiel ist die Grätzl Energie. Dort können neue Mitglieder mit einem Beitrag von 50 Euro für private Haushalte und 100 Euro für Unternehmen beitreten. Die Genossenschaft war einer der Pioniere und versorgt heute Abnehmerinnen und Abnehmer im 23. Wiener Gemeindebezirk mit erneuerbarem Strom aus Fotovoltaik. „Jede Energiegemeinschaft beginnt mit einer kleinen Gruppe, später kommen weitere Akteure hinzu. Für uns liegt der Fokus auf Haushalten, aber Unternehmen sind in diesem Ökosystem auch unglaublich wichtig“, so Kuras. Deren Verbrauchsprofile würden sich nämlich mit jenen der Privaten perfekt ergänzen. Learnings aus 2 Jahren Energiegenossenschaften „Das EAG hat uns einen guten Start ermöglicht, nun gilt es, noch an ein paar Stellschrauben anzusetzen“, fasst Haubner zusammen. So lasse sich etwa die Abwicklung von Genehmigungsverfahren optimieren. Kuras tritt hier für eine Vereinheitlichung der Verfahren über alle Bundesländer hinweg sowie eine raschere Abwicklung ein. Gefordert sind laut Kuras insbesondere die Netzbetreiber, damit der Ausbau der Netzkapazitäten mit der Energiewende Schritt hält. Der Experte dazu: „Wir brauchen einen volldigitalisierten Prozess, der uns erlaubt, qualitative Daten zu sammeln und Verbrauch und Erzeugung effizienter zu gestalten.“ Entscheidend sei die zügige Ausrollung der Smart Meter. „Erbsenzählen lohnt sich“, so Kuras über das Verbraucherverhalten. „Auch kleine Verbrauchsquellen sind ein relevanter Faktor. Aus einzelnen Erbsen wird irgendwann ein Erbsenberg.“ Haubner: „Ich bin zuversichtlich, dass die Prozesse rund um die Energiegemeinschaften noch verbessert werden können. Es ist normal, dass man aufgrund der Erfahrungen dazulernt. Kein Gesetz kann vom Reißbrett weg perfekt sein.“ Ausschlaggebend für das Erreichen der Klimaziele sei zudem die Akzeptanz der Menschen. „Wir brauchen einen Ausbau der Infrastruktur“, so Kuras. Durch die aktive Teilnahme an der Energiewende würden die Menschen ein Bewusstsein und Verständnis entwickeln.